Komm mit mir
Die erste, die Josefine sah, war Antje. Antje hatte damals beim NDR gearbeitet.
Alt war sie geworden. Sie musste inzwischen auch über 70 sein. Aber sie lächelte noch genau so sympathisch wie früher. Josefine erinnerte sich daran, dass ihr Sohn irgendeinen komischen französischen Namen hatte, den sie damals nicht aussprechen konnte.
„Hallo Josefine“, sagte sie lächelnd und kam ihr entgegen. „Schön, dass du auch kommen konntest.“
Josefine betrat den Raum. Alle waren nach Metz gekommen. Genau so wie damals vor 35 Jahren. Josefine erinnerte sich nicht, wie die deutsch-französische Freundschaft damals entstanden war. Sie war durch Theo dazu gekommen. Theo, der sein Volontariat bei den Kieler Nachrichten machte. Josefine hatte sich in den knuffeligen Teddybär verliebt und war mit nach Metz gefahren. Da war dann Schluss. Die Liebe war zu Ende.
Inzwischen war Theo Pressesprecher bei der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung.
Sie sah Jochen am Klavier sitzen. Sie wusste gar nicht, dass er spielen konnte. Ihm hatte die Kneipe gehört, in der sich die Clique nach Redaktionsschluss oft getroffen hatte.
Damals war er Theos bester Freund gewesen.
Theo saß genau in der Mitte des Raumes und sah Josefine freundlich an.
„Hallo Theo“, sagte sie sanft und bekam weiche Knie.
Theo lächelte immer noch.
„Ja damals …“, sagte er.
„Es war die Sprache.“
Josefine sah in Theos sanfte Augen. „Ich fühlte mich ausgeschlossen.“
„Ich weiß“, antwortete er und stand auf.
Josefine und Theo gingen raus. Theo hatte sie an die Hand genommen. Schweigend liefen sie durch Metz, in die Weinberge, über sanfte Hügel, durch kleine Wäldchen, die jetzt so kurz nach dem Winter noch kein Laub trugen.
Theo hatte den langen dunkelblauen Lodenmantel an, den er schon von vor 35 Jahren getragen hatte.
„Komm mit“, sagte er dann.
„Nein“, antwortete Josefine und schüttelte den Kopf.
Josefine schlug die Augen auf. Sie lag in ihrem Reisemobilbett. Neben ihr gab Tom leise Geräusche von sich, die wie das Schurren einer Katze klangen.
Was für ein schöner Traum, dachte sie.
Und ich bin genau da, wo ich sein möchte.
Sie kuschelte sich noch einmal ganz eng an Tom und schlief wieder ein.