Indian Summer in Frankreich
Oben.
Wir sitzen am Schloss und trinken Kaffee.
An einem der vielen Schlösser hier in der Gegend.
Das Schloss ist auf dem Berg.
Wo Schlösser eben sind.
Heute Abend werden wir den Aufstieg ein zweites Mal machen. Wir haben hier einen Tisch reserviert. Um 19.30 Uhr. Dann wird es dunkel sein. Zumindest dämmerig. Spätestens den Heimweg werden wir im Dunkeln gehen müssen.
Der Weg ist steil und das Restaurant liegt hoch. Aber es ist wunderschön hier.
Wir werden den Weg schon finden.
Wir nehmen eine Taschenlampe mit.
Unterm Blätterdach
Hinter uns läuft die Musik der Beatles in Mitsinglautstärke. Die Frau am Nebentisch singt ebenfalls mit und freut sich darüber, dass wir die Stücke auch mögen.
Wir sitzen unter einem Blätterdach, sehen hinunter auf die alte Kirche, das Dorf, die Berge und das Laub, das sich langsam herbstlich färbt. Ein leichter Wind geht und die Blätter rascheln.
Es ist fast zum Heulen schön.
Ins Landesinnere
Wir haben unsere Route geändert.
Mal wieder.
Wir wollten nun mehr ins Landesinnere. Bei dem schönen Sommerwetter will alle Welt zum Strand, ans Meer. Deshalb wollten wir weg. Dahin, wo weniger Tourismus ist, weniger Kommerz.
Unser Weg ging über Concom in Richtung Pergeaux.
Indian Summer in Frankreich
In der ADAC-Camping-App hatten wir einen Platz in der Nähe eines Flüsschens gefunden, der noch geöffnet sein sollte. Da wollten wir hin. Schon der Weg war traumhaft. Frankreich, die Gascogne, die Perigeau Noir, mit Weinbergen, kleinen Orten, Bergen und Wäldchen. Das Laub färbt sich gelb, rot. Die Farben explodieren förmlich. Indian Summer in Frankreich.
Da war nichts
Die Wege wurden enger, höher, steiler, kurviger. Oft gerade breit genug für unser Busle. Der Weg war ganz sicher richtig. Das Navi war davon überzeugt, die Wegbeschreibung der App passte ebenfalls.
Aber da war nichts.
Nichts außer einer traumhaften Landschaft und etwas Landwirtschaft.
Es war 17 Uhr.
Um 18 Uhr machen die meisten Campingplätze Feierabend. Danach sind die Toilettenhäuschen unerreichbar. Vielleicht werden wir unser Portapotti nun doch noch einweihen.
Zwei Plätze gab es noch auf der ADAC-Liste, die noch keine Winterpause hatten.
Das Reh blieb unverletzt
Martin wendete und fuhr sehr französisch den Berg wieder hinunter. Und ja, es gab auch Gegenverkehr. Wir passten trotzdem jedes Mal aneinander vorbei.
Ein Reh sprang ebenfalls von einer Seite des Waldes auf die andere. Es blieb unverletzt.
Wir auch.
Zweimal ging es über Brücken, die gerade mal so breit waren wie unser Auto.
„Bist du sicher?“, fragte Martin jedes Mal.
Ja, bin ich.
Direkt am Fluss
Und dann waren wir da.
Ich würde ja sagen, es ist der schönste Platz auf unserer Reise, aber das hab ich bisher jedes Mal gesagt.
Der Platz ist direkt am Fluss. Mit einer kleinen Badestelle. Klares blaues Wasser. Alte Bäume, die Schatten spenden. Rezeption, Bar, Sanitär und ein Innenhof mit Bank und Leinenliegestühlen, kleinen Holztischen, an denen man ein „petit noir“ oder ein Glas Wein, ein frisch gezapftes Bier, genießen kann.
Noch zwei Tage
Wir bleiben zwei Tage. Danach soll das Wetter schlechter werden. Dann fahren wir heim. Zumindest erstmal in die grobe Richtung.
Ein Teil von mir wünscht sich, dass der Urlaub, diese Zeit der Unaghängigkeit, des Staunens, nie zu Ende gehen möge.
Ein Teil von mir freut sich auf zu Hause.
Aber noch sind wir hier.
Und wir genießen es.