Dat Anna. Mit Hundepengsion

„Robert – hasse gehöat? Der Jupp hat sich’n Haus gekauft. Mit Hundepengsion. Dat wär doch watt.“
Die Frau war gut zwei Doppelzentner schwer, die da quer über den Campingplatz brüllte. Robert war mit Hund und Motorboot unterwegs. Der Hund, ein riesengroßer Bernasenner schien uralt zu sein. Das Gehen fiel ihm schwer, ins Boot musste er getragen werden. Aber sonst machte er eigentlich einen zufriedenen Eindruck.
Meist war er mit einem großen grauen Stofffisch zu sehen, den er nicht aus den Augen ließ.
„Datt wär für datt Tierken sicher besser“, setzte sie lautstark hinzu und nickte dabei bestätigend, legte den Kopf schief und sah Robert abwartend an.
Doch der schüttelte den Kopf.
„Ich denke nicht“, sagte er. „Willi fühlt sich am wohlsten, wenn er bei uns sein kann. Wir eben ihn nirgendwohin. Dann müsenw ir ihn eben notfalls aufs Boot ragen, wenn es nicht anders geht.“
„Dat is aber `n ganz schöner Brocken“, gab die Frau zu bedenken und das geneigte Campingplatz-Publikum hörte zu.

Hund mit Fisch

Der Hund war mit seinem Fisch inzwischen zu Josefines und Toms VW-Bus getrottet, hatte Minna in ihrem Gehege entdeckt, den Fisch fallen lassen und sich davor gelegt. Da lag er nun und beobachtete das Tier. Minna hatte sich einmal um die eigene Achse gedreht, war auf einen Stein geklettert, den Josefine ihr besorgt hatte und sah Willi sehnsuchtsvoll an. Der Hund hatte es schön, dachte sie. Der konnte in die Mosel springen, wann immer er wollte. Das würde ihr auch gefallen. Der Hund dagegen schien gar kein Interesse daran zu haben. Alt sei er, hatte Josefine gesagt. Dabei war er bei weitem nicht einmal halb so alt wie sie. Und sie würde, wenn sie konnte. Aber es is ja wie es is, dachte Minna und war zufrieden.

„Nä – watt is datt denn?“

„Nä, watt is datt denn?“ Die Frau, die vorhin von der Hundepengion erzählt hatte, war zu den Tieren herüber gekommen. Und da stand sie nun, die linke Hand in die Hüfte gepresst, um ihr Gleichgewicht besser halten zu können. Wie war von dem Weg ein bisschen außer Atem.
„Setzen sie sich doch“, bot Josefine an und schob ihr einen Stuhl hin. Sie machte ich Sorgen.
„Nee, lassen Se mal. Wenn ich mich hinsetze, komme ich nicht mehr hoch“, winkte sie ab.“
Sie holte noch dreimal tief Luft.
„Na, dat is aber auch ma außergewöhnlich. Urlaub mit Schildkröte. Datt hab ich aber auch no nit jesehen.“ Sie schnaufte noch einmal. „Is dat Ihre?“, fragte sie dann.
„Ja“, sagte Josefine, schnappte sich ihre Minna und setzte sie auf den linken Unterarm, den sie so angewinkelt hielt, dass das Tier da gut Platz hatte.
„Nee is die niedlich!“, rief die Frau aus. „Darf ich se ma anpacken?“, fragte sie.
Josefine hatte nichts dagegen.

„Ich bin dat Anna“

Und mich fragt wieder mal niemand, schmollte Minna. Sie hätte lieber den festen Boden ihres Geheges unter den Füßen gehabt. Wenn

sie schon nicht in die Mosel konnte.
„Ich bin dat Anna“, sagte die alte Frau und tätschelte mit dem Zeigefinger Minnas Köpfchen.
Die Schildkröte mochte die Frau und bewegte deshalb ihr Köpfchen hoch und runter. Man konnte die Bewegung fast für ein Nicken halten.
„Guck ma! Et mag mich“, sagte dat Anna und strahlte.
„Ich glaube, Sie mögen alle Tiere.“ Josefine lächelte Anna an. Willi nimmt ja auch jede Gelegenheit wahr, um bei Ihnen zu sein.“
„Na ja, ich hab ja auch immer ein Leckerli für ihn inner Tasche.“
Plötzlich stellte Willi die Ohren hoch, setzte sich auf und sah zum Eingang des Campingplatzes. Seine Nasenflügel zuckten. Dat Anna sah ebenfalls in die Richtung, in die der blick des Hundes ging.
„Du riechst den Kuchen, isset nich so?“, grinste sie. „Na, ich geh dann ma wieder Ich glaub, ihr kriegt Besuch.“
Dat Anna wendete und steuerte den eigenen Camper an

Ein riesiges Kuchenpaket

Luke trug ein riesiges Kuchenpaket vor sich her. Dicht gefolgt von Inga, die auf ihren mindestens zehn Zentimeter hohen Stilettos mit zwei Campingstühlen in der Hand hinter ihm herstöckelte. Was auf dem unebenen Schotter es Platzes sicherlich gar nicht so einfach war.
„Wir haben euch noch zwei Stühle mitgebracht“, strahlte Luke. „Damit ihr genügend Platz habt, wenn mal Besuch kommt.“ Sein Lächeln hatte etwas Gönnerhaftes.
„Und ein Stück Kuchen haben wir auch gleich mitgebracht. Damit können wir eure neuen Stühle auch gleich einweihen.“
Er packte das Kuchentablett aus, während Inga die Stühle aufstellte. Zum Vorschein kamen 15 Stücke Sahnetorte.
Tom schluckte.
„Wer soll das denn alles essen?“ Er sah zweifelnd von Luke zu Inga.
„Ach, das schaffen wir schon“, winkte er ab. „Unser Bäcker in Piesport macht so leckeren Kuchen, nicht wahr, Inga?“
Inga nickte und Luke leckte sich die Finger ab.
„Was für ein schöner Tag“, sagte er dann und ließ sich in einen der Campingstühle fallen. Der gab ein leises Ächzen von sich, aber er hielt.

Ein Auto, das zu ihr passt

„Ich hab deiner Frau versprochen, ihr ein Auto zu besorgen, das zu ihr passt“, setzte er Tom zwischen zwei Bissen Schwarzwläder Kirschtorte in Kenntnis. „Es kann ja nicht sein dass sie Fahrrad fahren muss, während du mit deinem dicken BMW unterwegs bist.“

Jetzt wurde es spannend, dachte Minna. Was für ein dicker BMW?, fragte sie sich. Sie waren mit einem Volkswagen unterwegs. Von anderen Autos wusste sie nichts.

„Ich bin zu Fuß unterwegs“, klärte Tom seinen Gast auf. Er sah ihn an diesem Tag zum ersten Mal. Als einen ungehobelten Diamanten hatte Josefine ihn beschrieben, als dicker Teddybär und irgendwie anrührend. Ungehobelt, das konnte Tom bestätigen. Aber ein Diamant? Ihm war der Mann nicht geheuer. Aber vielleicht täuschte er sich ja auch. Seine Menschenkenntnis hatte ihn schon oft in die Irre geführt. Aber meist hatte er eher zu viel Vertrauen gehabt und war schließlich ausgenutzt worden.
Sein Misstrauen dagegen war bisher selten unbegründet.
Er sah zu Minna herunter. Die immer noch zufrieden in ihrem Gehege saß und zufrieden aussah. Als Tom sie ansah, legte sie ihr Köpfchen schief. Nein, dachte Tom. Der Schildkröte gefiel der Mann auch nicht.

Ein himbeerroter Z3 für Josefine

Luke ging nicht weiter auf Toms Bemerkung ein. „Ich hab da gerade einen Z3 reinbekommen“, erzählte er. „Himbeerrot. Würde dir die Farbe gefallen? Wenn nicht, kannst du dir deine Lieblingsfarbe aussuchen und ich lass ihn dir noch lackieren.“ Er lächelte. „Ich finde, so ein kleiner roter Flitzer würde zu dir passen.“
Selbstgefällig lehnte er sich in seinem Sitz zurück. Der Stuhl ächzte. Luke sah Josefine an.
„Du erinnerst mich an meine Mutter“, sagte er dann. „Ihr hätte das Auto gefallen.“
Er tat einen tiefen Seufzer. „Schade, dass sie nicht mehr lebt.“
Dann aß er noch ein Stück Käsesahnetorte und spülte es mit einer weiteren Tasse Kaffee runter. Er suchte eine Serviette, fand keine und wischte sich mit dem Ärmel seines T-Shirts über den Mund. Spuren von Sahne wurden zu einer sichtbaren Erinnerung an eine gute Mahlzeit.
Zufrieden wandte Luke sich dann an Tom.
„Ich würde dir den Z3 für zehn, nein – sagen wir acht – ach …“, er winkte ab, „weil ich euch mag, für sechstausend Euro überlasse. Was sagst du dazu?“
Luke lehnte ich zurück und sah Tom abwartend an.

„Aber ich …“, meldete Josefine sich zu Wort.
„Du bist nicht gefragt, fuhr Luke ihr mit einem gewinnenden Lächeln über den Mund. „Wenn dein Mann dir ein Geschenk machen möchte …“, er unterbrach sich und wandte sich Tom wieder zu. „Wir reden später unter Männern darüber und manchen das unter uns aus.“
Er lehnte sich zurück.
„Jetzt genießen wir erstmal den wunderschönen Sonntagnachmittag.“

Ein schräger Typ

„Wenn du gerne so ein Z3-Cabrio hättest, kauf ich ihn dir“, sagte Tom später, als er mit Josefine bei einer Zeller Schwarzen Katz in einer Weinstube in der Altstadt saß. „Das Angebot ist tatsächlich günstig“, fand er.

„Vielleicht sehen wir uns das Auto aber erstmal an“, erklärte er dann. „Der Typ ist wirklich schräg.“
Josefine nickte.
„Ja, das ist er“, sagte sie. „Aber ich mag ihn irgendwie.“