Der Urlaub kann beginnen
16. September 2017
Ich sollte duschen.
Oder wenigstens Haare und manches andere waschen.
Die Kultur ist im Lager.
So warte ich, bis hier Leben in die Firma Robel gekommen ist. Dann finde ich, was ich brauche.
Die erste Nacht in unserem Dipa-Bus.
Das Bett ist breit genug, kuschelig gemütlich.
Und es war warm.
Zumindest bis heutemorgen gegen vier oder fünf Uhr.
Um sieben Uhr hab ich die Heizung eingeschaltet.
Jetzt sitze ich auf dem drehbaren Beifahrersitz, die Beine auf den Hocker gelegt, unter dem sich das Portapotti (die tragbare Toilette) befindet und schreibe.
Mein Reisetagebüchlein liegt auf meinem Schoß.
Der Tisch lässt sich nicht aufstellen während das Bett aufgeklappt ist und Martin schläft noch.
Es ist noch früh und es ist Urlaub.
„Ich arbeite noch“
Eigentlich sollten wir noch zu Hause im Bett liegen.
Heute Abend sollten wir unser Dipa-Reisemobil übernehmen. So war der Plan.
Am Freitag war mein letzter Arbeitstag. Der letzte Spätdienst vor unserem Urlaub. Ab jetzt müssen die Kollegen meinen Dienst übernehmen.
Gegen 17.30 Uhr klingelt das Telefon.
„Wo seid ihr denn?“, fragt Jürgen. Er hatte Martins Handynummer gewählt und war nun an die Geschäftsnummer weitergeleitet worden.
„Ich arbeite noch“, antworte ich etwas verdattert. Ich bin im Büro. Wo soll ich denn sonst sein?
„Aber ihr wolltet doch heute Abend hier sein!“
„Hier“ ist in diesem Fall Emsbüren. Emsbüren, die Firma Robel, wo unser künftiges neues Dipa-Mobil das Wochenende auf einer Hausmesse verbringt. Danach ist es unser. Und wir fahren los. Nach Irgendwo. Sechs Wochen lang. Freiheit und Abenteuer.
„Heute?“, frage ich erstaunt, „Heute muss ich doch noch bis 18 Uhr arbeiten. Sonntag dachte ich.“
„Aber die Kunden kommen doch morgen früh ab 9 Uhr.“ Jürgen klang besorgt. Wir hatten eins der Autos, die er seinen Messebesuchern zeigen wollte. Das sollten wir mitbringen und im Gegenzug unser Busle übernehmen.
„Wo seid ihr?“
Jürgen ist der „pa“ von „Dipa“, Hersteller des Dipa-Mobils, mit dem wir künftig die Welt entdecken wollen. Jetzt aber saß ich erstmal noch am Schreibtisch.
Mit dem Hörer in der Hand.
Martin war gerade losgefahren,um sich von seinen Eltern zu verabschieden.
Ich hatte morgens schon gepackt.
Alles bis auf die Klamotten.
Ich war noch bei der Apotheke, um genügend Insulin für unterwegs zu haben, hab Traubenzucker und Gummibärchen gekauft, um alle Glukosespeicher wieder auffüllen zu können, falls mein Zucker zickt.
Alles an Medikamenten, Hausstand, Tücher, Handfeger, Töpfe, Pfannen, Geschirr, Besteck, Block und Bleistift, jede Menge Lesestoff, eben alles, was der Mensch in sechs Wochen so braucht, war gepackt.
Alles stand bereit.
Ich überlegte kurz.
„Wir packen nach Feierabend noch schnell ein paar Klamotten zusammen und dann können wir los.“
Warum sollten wir auch warten? Und Worauf?
Die Nacht auf dem Parkplatz
Um 19 Uhr saßen wir in Jürgens Reisebus.
Fertig gepackt, zur Abreise bereit.
Um 20 Uhr ging es nicht mehr weiter.
Stau von Leonberg bis Karslruhe.
Auf der A5, der A3: Stau.
Gegen 23.30 Uhr hatten wir genug und fuhren auf den Parkplatz eines Autohofs. Ein Subway-Sandwich und dann ab ins Bett.
Es war eng.
Wir schliefen wie die Löffelchen. Umdrehen mussten wir uns gemeinsam. Ich dachte mir, wenn es in unserem Auto auch so eng ist, schlaf ich oben. Dann bau ich mir oben mein Nest. Da sieht es gemütlich aus.
Es ist anders als früher. Da waren wir jung und verliebt und unser Bett war lange Zeit nur 1,20 Meter breit. Inzwischen brauch ich mehr Platz. Ich bin keine dreißig mehr. Früher hab ich es genossen, so eng aneinander gekuschelt zu schlafen. Aber das geht irgendwie nicht mehr. Ich wünsch es mir manchmal und dann probiere ich es. Schnuckel ganz nah an meinen Liebsten heran und versuche zu schlafen. Doch dann ist es zu eng, zu warm. Meine Arme schlafen ein und ich weiß nicht, wohin mit meiner Nase, um atmen zu können. Nein, dann lieber ein Nest im Obergeschoss. Einsam, aber gemütlich.
Unser künftiger Weltwohnplatz hat ein breites Bett. Wir werden sehen, dachte ich. Und nun weiß ich es: Es passt. Für uns beide. Ich hab gut geschlafen. Weil ich mich auch ohne Martin zu wecken in alle Richtungen drehen kann.
Der Urlaub kann beginnen
Pünktlich um 9 Uhr waren wir, wo wir sein sollten: Auf der Hausmesse der Firma Robel in Emsbüren.
Heute Abend, sobald die Messe ihre Tore schließt, beziehen wir unser fahrbares Heim mit allem, was wir mitgebracht haben in Besitz und richten uns ein.
Der Urlaub kann beginnen.
Morgen früh fahren wir los.
Wohin?
Wir werden sehen …