‚Seit wann die Bäume auch in Reutlingen Strickkleidchen und Mütze tragen, ist nicht bekannt. Doch so bestrickend Guerilla-Knitting auch ist: Legal ist es trotzdem nicht. Mit Blumensamenbomben werden Verkehrsinseln bunter. An Masten und Verkehrsschildern kleben Zettelchen mit Lebensklugheit.
Bunte Strickkleidchen
Wann genau es angefangen hat, ist schwer zu sagen. Plötzlich waren sie da: Bäume in bunten Strickkleidchen. Zuerst war es ein Begrenzungspfahl am Straßenrand, der ein Mützchen trug. Mit aufgesticktem Gesicht. Und dann waren es ganze Baumstämme. Auf der Verkehrsinsel Rommelsbacher Straße, gleich da, wo man zum Friedhof Römerschanze abbiegt, stehen sie und an der B28 Richtung Metzingen gleich hinter der Karlstraße.
Guerilla-Knitting
Guerilla-Knitting, Guerilla-Kunst hat also inzwischen auch in Reutlingen Einzug gehalten.
Seinen Ursprung soll diese Art von Street-Art nach Wikipedia-Angaben 2005 in Texas haben. Damals hätten Strickerinnen begonnen, Türklinken zu bestricken statt Handschuhe und Schals für ihre Lieben anzufertigen.\r\nDoch so bestrickend Guerilla-Knitting auch ist: Legal ist es trotzdem nicht.
In unserer Region soll Guerilla-Knitting zum ersten Mal 2011 bei den Bauarbeiten zu Stuttgart 21 am Bauzaun aufgetaucht sein.
Aber auch wenn es unsere Stadt ein bisschen bunter macht: Legal ist es trotz allem nicht. Nicht legaler als Graffiti-Kunst und was sonst noch an öffentlichen Möblierungen und Gebäuden ohne Genehmigung platziert wird.
Blumensamenbomben für bunte Verkehrsinseln
Guerilla-Knitting ist Teil der Guerilla-Kunst. Mit „Guerilla-Gardening“ werden Blumensamenbomben in vernachlässigte oder triste Ecken geworfen, um sie ein kleines bisschen bunter und freundlicher zu gestalten. Zettelchen mit Fragen über das Leben kleben an Verkehrsschildern und Masten. Manchmal sind es Abreißzettel, mit denen statt einer Telefonnummer von Menschen, die einen Mitbewohner oder ihren entlaufenen vierbeinigen Freund suchen, Lächeln verteilt wird.
Zettelchen mit Lebensklugheit.
Seit dem Sommer 2012 gibt es nun auch Erguer. Nein, keinen Ärger, auch wenn es genauso ausgesprochen wird. Erguer ist die Kurzform für „Erinnerungsguerilla“ und will Fragen stellen: „Was fehlt dir zum Glück?“, „Bist du bereit?“, „Wohin geht deine Kraft?“, „Was hast du zu verlieren?“\r\nGuerilla-Kunst sind sogenannte „Non-Profit-Projekte“. Doch inzwischen lässt sich damit scheinbar auch durchaus Geld verdienen. Es gibt gedruckte Aufkleber mit fertigen Ideologien, so dass der geneigte Guerilla-Künstler gar nicht mehr so sehr darüber nachzudenken braucht, was er der Welt mitzuteilen gedenkt. Es gibt Bücher mit genauen Anleitungen wie so etwas zu basteln und so die Kunstobjekte anzubringen seien. Strickanleitungen und „Seedballs“ zum Selberbauen oder solche, die man schon fix und fertig gerollt und mit einer Wildblumenmischung bestückt auf die Nachbargärten und Verkehrsinseln zu verteilen braucht.